Am Weihnachtsabend, ihrem letzten Tag als Kindermädchen, flüsterte die gehörlose Tochter des Millionärs: „Mama.“

Elena Morales hätte sich nie vorstellen können, dass der Heiligabend der letzte Tag sein würde, den sie im Hause Vega verbringen würde.

An diesem Morgen wehte die kühle Madrider Luft sanft durch die hohen Fenster, während Elena in der Küche stand und sorgfältig Lebkuchen formte. Ihre Hände bewegten sich wie von selbst, fast intuitiv. Vier Jahre in Folge hatte sie diese Plätzchen zu Weihnachten gebacken – denn es waren die einzigen, die Sofia aß.

Draußen erstrahlte die Stadt im Lichterglanz der Weihnachtsbeleuchtung. Im Inneren des Herrenhauses herrschte reges Treiben unter den Bediensteten, die sich auf ein prunkvolles Weihnachtsfest vorbereiteten.

Elena hingegen empfand das Haus als leer.

Leer.

Schwer.

Denn sie wusste etwas, was sonst niemand wusste.

Um genau 23:59 Uhr war ihre Zeit abgelaufen.

Der Brief, der alles veränderte.
Der Brief kam drei Tage zu früh an.

Gedruckt auf dickem Papier. Sorgfältig signiert am unteren Rand.

Rodrigo Vega.

Ihr Arbeitgeber.

Sofias Vater.

In einem höflichen und sachlichen Schreiben wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Dienste als Sofias Kindermädchen nicht mehr benötigt würden. Ihr Vertrag lief am 24. Dezember um 23:59 Uhr aus.

Keine Erklärung.

Kein Gespräch.

Es ist gerade vorbei.

Elena las es stehend im Flur, den Rücken an die Wand gepresst, als ob ihr die Worte selbst den Atem raubten.

Vier Jahre.

Vier Jahre schlafloser Nächte.

Vier Jahre lang saß sie auf dem Boden neben ihrem Bett, während ein kleines Mädchen von Albträumen geplagt wurde, die sie sich nie erklären konnte.

Vier Jahre lang habe ich gelernt zu lieben, ohne ein Wort zurückzubekommen.

Und das war’s mit der Unterschrift.

Sofia war seit der Nacht, in der ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben kam, stumm. Die Ärzte diagnostizierten posttraumatischen Mutismus. Therapeuten versuchten alles. Logopäden kamen und gingen. Nichts half.

Bis Elena ankam.

Nicht unter Druck.

Nicht aus Furcht.

Aber mit Geduld.

Mit Herzlichkeit.

In Liebe.

Langsam aber sicher begann sich Sofia zu verändern.

Ihr Lächeln wurde noch breiter.

Sie schlief.

Sie hörte auf, sich zu verstecken.

Doch nun wurde Elena ausgelöscht – still und diskret –, als ob sie nie eine Rolle gespielt hätte.

Die Frau, die sie ersetzte.
An diesem Nachmittag öffnete sich die Haustür.

Und Valentina Sandoval kam herein.

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