Es begann mitten in einer ganz normalen Schicht im Krankenhaus, so einer, wo der Kopf leise vor sich hin summt und der Körper von einer Mischung aus Koffein und purem Muskelgedächtnis profitiert. Ich machte mir gerade Notizen zwischen den Patienten, hatte einen lauwarmen Kaffee getrunken, der nach alten Münzen schmeckte, als mein Handy vibrierte. Sechs verpasste Anrufe. Alle von der Nummer meiner Tochter Mira.
Mein erster Gedanke war ein kurzer Anflug von Ärger; wahrscheinlich hatte sie mein Handy schon wieder fallen lassen, oder vielleicht rief sie mich gerade an und zeigte es einer ihrer Cousinen. Dann sah ich den Zeitstempel. Zwischen den Anrufen war weniger als eine Minute vergangen. Es klang wie das panische, wiederholte Klicken, das ein Kind von sich gibt, wenn etwas Schlimmes passiert. Kalte Angst kroch mir in die Knochen und ließ mich schneller zittern als die aggressive Klimaanlage im Krankenhaus.
Ich versteckte mich im leeren Flur, mein Herz raste. Ich drückte die Wahlwiederholungstaste und ging zu den Fenstern mit Blick auf die Stadt, bemüht, eine Ruhe auszustrahlen, die ich schon lange nicht mehr gespürt hatte.
Sie nahm sofort ab. „Mama?“ Ihre Stimme war nur ein dünnes, zerbrechliches Geräusch.
Diesen Tonfall kannte ich schon. Einmal. Vor Jahren, als sie vom Geländer gefallen war und dachte, sie hätte sich den Arm gebrochen. Nur diesmal war er dünner. Kleiner. Sie zitterte, kurz vor dem Schluchzen.
„Was ist passiert, Liebes?“ Meine Stimme klang zu ruhig, in diesem distanzierten, klinischen Tonfall, den ich immer bei ängstlichen Patienten anwandte, als ob ich durch eine Schicht Watte sprechen würde.
„Sie haben mich verlassen.“
„Wer hat das getan, Liebling?“
„Oma und Opa. Tante Sienna. Alle.“
